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Chanukka und Weihnachten: Was Christen und Juden verbindet
12.12.2021
PLETTENBERG + Drei Plakatwände im Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg lenken zurzeit den Blick darauf, dass sich Christen und Juden näher sind als viele denken. Einer dieser Blickfänge steht am Plettenberger Paul-Gerhardt-Haus. Weitere Plakate sind an der Lüdenscheider Erlöserkirche und an der Erlöserkirche in Attendorn.
Anlass für die christlich-ökumenische Kampagne „#beziehungsweise – jüdisch und christlich: näher als du denkst“ ist das aktuelle Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Im Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg haben sich insbesondere die Pfarrer Achim Riggert (Beauftragter des Kirchenkreises und Sprecher des interreligiösen Forums) und Rainer Fröhlich sowie Katharina Thimm vom Schulreferat dafür stark gemacht. Auch ihren Antrag hin gab die Sommersynode Mittel frei, mit denen sich der Kirchenkreis an der bundesweiten Aktion beteiligen konnte.
Zahlreiche soziale Traditionen gehören dazu
„Das Judentum in seinen unterschiedlichen Facetten hat unser Leben im Laufe der Jahrhunderte geprägt“, sagte Achim Riggert bei einem Besuch in Plettenberg. Dazu zählten auch zahlreiche soziale Traditionen.
Sie werden auch in der Geschichte der Plettenberger Juden erkennbar. In der Bevölkerungsstatistik von 1900 werden insgesamt 54 Juden erwähnt. Sie beteiligten sich am gesellschaftlichen Leben, engagierten sich im sozialen Dienst, halfen Plettenberger Familien, die in Notlagen geraten waren und stifteten beispielsweise hohe Summen für den Bau des Freibades. Die Gemeindeaktivitäten endeten mit der Deportation und Ermordung der Mitglieder durch das Nazi-Regime.
Starke Verbindungen zwischen den Religionen
Jüdische Traditionen sind im Christentum an vielen Stellen gegenwärtig. Auch das Licht ist eine starke Verbindung zwischen beiden Religionen. Juden feiern das Chanukka-Fest und erinnern dabei an das Lichtwunder im Jerusalemer Tempel. Christen feiern in der dunklen Jahreszeit Weihnachten und erinnern dabei an die Geburt Jesu. Diese Traditionen greifen die Großplakate mit der Schlagzeile „Chanukka beziehungsweise Weihnachten“ auf.
„Vieles in der christlichen Sozialarbeit beruht auf jüdischen Traditionen“, sagt Iris Jänicke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes. Schon im Alten Testament werde die Pflicht zur Speisung von Waisen und Witwen, der Schuldenerlass oder die Erlaubnis zur Nachlese auf den Äckern und Feldern erwähnt. „All das gibt es heute noch, wenn auch in anderer Form.“ Mit diesen Traditionen sei über die Jahrhunderte „die Tiefengrammatik unserer Gesellschaft“ überliefert worden, zitiert sie den Rechtsphilosophen Wolfgang Böckenförde.
Beitrag zur Bekämpfung des Antisemitismus
Für Achim Riggert gibt es allerdings noch einen weiteren Grund, den Blick auf jüdisches Leben zu richten. „Aktuell finden wir uns in einer gesellschaftlichen Situation wieder, die durch ein Erstarken des Antisemitismus und weiterer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geprägt ist. Übergriffe auf jüdische Bürgerinnen und Bürger, Hetze und Verschwörungsmythen in den Sozialen Medien nehmen weiter zu.“
Mit der respektvollen Bezugnahme auf das Judentum, die zur positiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland anrege, wolle die Kampagne auch einen Beitrag zur Bekämpfung des Antisemitismus leisten. ©wt