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"Gewalt kommt hier nicht in die Tüte"

26.11.2023

Stefanie Seppelt, Cornelia Handt, Sabrina Müller, Claudia Theis und Mareike Masuch bei ihrer Tour über den Plettenberger Wochenmarkt. Foto: Wolfgang Teipel
Stefanie Seppelt, Cornelia Handt, Sabrina Müller, Claudia Theis und Mareike Masuch bei ihrer Tour über den Plettenberger Wochenmarkt. Foto: Wolfgang Teipel

Zigtausende Frauen werden Opfer von häuslicher Gewalt, von Beleidigungen, Demütigungen und Bedrohungen durch ihren Partner. Darauf hat am Freitag die Plettenberger Gesprächsrunde gegen Häusliche Gewalt anlässlich des Tages zur Beendigung der Gewalt an Frauen aufmerksam gemacht.

 

„Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau infolge von Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners“, berichtete Stefanie Seppelt von der Frauenberatungsstelle des Märkischen Kreises bei einem Zwischenstopp auf dem Wochenmarkt. Bundesweit seien die Fallzahlen im vergangenen Jahr um neun Prozent gestiegen. 377 Frauen hätten als Opfer Häuslicher Gewalt die Beratungsstelle des Kreises aufgesucht.

 

„Gewalt kommt hier nicht in die Tüte“, hieß es auf den orangenen Tragetaschen, die Stefanie Seppelt, Cornelia Handt, Sabrina Müller, Claudia Theis und Mareike Masuch von der Gesprächsrunde gegen Häusliche Gewalt an Standbetreiber und Passanten verteilten.

Zuvor waren die Frauen und weitere Vertreterinnen der Gesprächsrunde zu Gast im Internationen Frauencafé. Im Jugendzentrum „Alte Feuerwache“ treffen sich jeden Freitag von 10 bis 12 Uhr auf Einladung der Stadt Plettenberg und des Diakonischen Werkes Frauen aus zahlreichen Nationen.

Auch Passanten auf dem Wochenmarkt erhielten die Tasche mit dem Aufdruck "Gewalt kommt hjier nicht in die Tüte". Foto: Wolfgang Teipel
Auch Passanten auf dem Wochenmarkt erhielten die Tasche mit dem Aufdruck "Gewalt kommt hjier nicht in die Tüte". Foto: Wolfgang Teipel

Die Gesprächsrunde nutzte die Gelegenheit, Hilfsorganisationen vorzustellen, an die sich in Not geratene Frauen wenden können. Mareike Masuch, Gleichstellungsbeauftragte bei der Stadt Plettenberg, hatte gemeinsam mit Claudia Theis von der psychologischen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes und der städtischen Sozialarbeiterin Frederike Panknin die Gesamtorganisation übernommen. Vier städtische Mitarbeiterinnen fungierten als Dolmetscherinnen und übersetzten den Besucherinnen die Informationen in die arabische, türkische, ukrainische und rumänische Sprache.

 

Frauen, die von Häuslicher Gewalt betroffen sind, können sich an die Stadt Plettenberg, an das Diakonische Werk, die Polizei, an das Amtsgericht Plettenberg, das Märkische Kinderschutz-Zentrum Lüdenscheid, die Frauenberatungsstelle MK, die Caritas (Schwangerenkonflikt- und Erziehungsberatung) sowie die LWL-Tagesklinik und das Plettenberger Krankenhaus wenden. Sie alle gehören zur Gesprächsrunde, die darüber hinaus mit den Runden Tischen im Nord- und Südkreis kooperiert. Auch die Besucherinnen im Frauencafé erhielten die orangenen Stofftaschen mit dem Slogan „Gewalt kommt hier nicht in die Tüte“ und der Nummer des bundesweiten Hilfstelefons für von Gewalt bedrohte Frauen. Sie lautet 116016.

Während der "Orange Days" bis zum 10. Dezember wird der Turm des Paul-Gerhardt-Hauses oange angeleuchtet. Foto: Wolfgang Teipel
Während der "Orange Days" bis zum 10. Dezember wird der Turm des Paul-Gerhardt-Hauses oange angeleuchtet. Foto: Wolfgang Teipel

Zu den Aktionen der Gesprächsrunde gehörte in diesem Jahr bereits ein Selbstbehauptungskurs für Frauen aus der Ukraine. Als Zeichen der Solidarität wird auch der Turm des Paul-Gerhardt-Hauses orange angeleuchtet. Damit beteiligt sich das Diakonische Werk Lüdenscheid-Plettenberg an der  UN-Kampagne „Orange the world“. Sie dauert vom 25. November bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte. Außerdem haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des  Diakonischen Werkes ihre Bürofenster mit orangener Folie beklebt.

Die Taschenaktion und die damit verbundenen Kooperationen werden gefördert vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

Hintergrund: Im Jahr 2022 wurden laut Bundeskriminalamt 157.550 Fälle von Gewalt in Partnerschaften angezeigt. Das sind 9,4 Prozent mehr als im Jahr 2021 – also noch mehr als während der Coronapandemie. Rund 80 Prozent der Opfer waren Frauen, 20 Prozent Männer. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten, statistisch gesehen jeden dritten Tag gelingt das. Insgesamt 133 Frauen in Deutschland wurden im Jahr 2022 von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.

Allerdings wird in der Kriminalstatistik lediglich das sogenannte Hellfeld von Partnerschaftsgewalt abgebildet. Das sind die Taten, die der Polizei bekannt geworden sind – beispielsweise durch eine Anzeige der Betroffenen. Dieses Hellfeld sei im Bereich der häuslichen Gewalt, der sexuellen Gewalt und der Partnerschaftsgewalt jedoch der geringere Anteil. Darauf weist Deborah Hellmann hin. Sie ist Psychologin und Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen. Aus der Forschung sei bekannt, dass die Anzeigebereitschaft sehr niedrig und damit das sogenannte Dunkelfeld relativ groß ist – also die Delikte, von denen die Polizei nichts erfährt.

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