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Erfolgreich abgeschlossen

21.5.2022

Glückliche Gesichter zum Abschluss des Kurses. In der Mitte Lehrerin Ewa Deren. (Foto: dw)
Glückliche Gesichter zum Abschluss des Kurses. In der Mitte Lehrerin Ewa Deren. (Foto: dw)

PLETTENBERG + „Ich liebe meine Lehrerin“, sagt Naima*. Ewa Deren lächelt, noch mehr dürfte sie der nächste Satz der jungen Frau aus Marokko freuen. „Ich will Deutsch lernen und in Deutschland arbeiten.“ Den Einstieg hat sie geschafft. Zusammen mit anderen Frauen aus dem Irak, dem Iran, aus Afghanistan, aus Syrien, Nigeria, Somalia, der Türkei oder Marokko hat sie 900 Stunden lang Deutsch gelernt. Dazu kamen 100 Unterrichtstunden, in denen sich die Frauen mit der Geschichte, der Kultur und der Rechtsordnung in Deutschland beschäftigt haben. So unterschiedlich die Herkunft der Flüchtlinge und Emigrantinnen ist, eins haben sie gemeinsam: Sie haben Kinder und ohne eine entsprechende Betreuung ihrer Kinder hätten sie den Kurs nicht durchziehen können. Es war ohnehin schwer genug.

 

Es war wohl der längste Kurs, den Lehrerin Ewa Deren jemals gegeben hat. Der Lehrgang begann im März 2020. Wegen der Corona-Pandemie musste er zweimal für längere Zeit unterbrochen werden. Diese Phasen wurden mit Online-Angeboten überbrückt. Keine leichte Aufgabe für die Lehrerin und ihre erwachsenen Schülerinnen. „Aber alle sind drangeblieben“, sagt Ewa Deren.

 

Seit Januar 2022 lief der Unterricht wieder in Präsenz an fünf Tagen in der Woche von 8.55 Uhr bis 12.10 Uhr in den Gemeinderäumen der Martin-Luther-Kirche. Warum so merkwürdige Zeiten? „Wegen der Busverbindungen.“ Für Yemanya* aus Nigeria hat der Bus eine ganz besondere Bedeutung. Sie wohnt in Neuenrade. Auf ihrer Fahrt nach Holthausen muss die junge Frau dreimal umsteigen. Da kann man auch leicht mal zu spät kommen.

 

Viele der Frauen befinden sich in einer schwierigen persönlichen Lage. Alleinerziehend, auf der Flucht von Somalia über Griechenland nach Deutschland den Partner verloren – jede hat eine schwierige Zeit hinter sich. Und dennoch: Im Kurs haben sie gemeinsam viele Hürden genommen. Nicht nur so sperrige Wörter wie „Gleichstellungsgesetz“, die ihnen noch holprig über die Lippen kommen. Sie haben gelernt, dass in Deutschland so manches anders ist als in ihren Herkunftsländern.

Abeer Al Hamadi ist eine der beiden Kinderbetreuerinnen. (Foto: Wolfgang Teipel)
Abeer Al Hamadi ist eine der beiden Kinderbetreuerinnen. (Foto: Wolfgang Teipel)

„Dieser Kurs mit Kinderbetreuung hat mir besonders am Herzen gelegen und ich bin sehr froh, dass er so erfolgreich war“, sagt Gudula Mueller Töwe. Die Pädagogin koordiniert die Sprach- und Integrationskurse, die das Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V. anbietet und für deren Durchführung der Fachdienst Migration und Integration des Diakonischen Werks des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg zuständig ist.

Die Kinder hätten sich schnell an die Betreuung durch Abeer Al Hamadi und Hanadi Bajbouj gewöhnt. Beide Frauen verfügen über viel Erfahrung mit kleinen Mädchen und Jungen. Abeer Al Hamadi arbeitete in ihrem Heimatland Syrien als Englischlehrerin. Ihre B1- und B2-Prüfungen hat sie schon vor einigen Jahren erfolgreich bestanden. Als Lehrerin kann sie in Deutschland nicht arbeiten. „Meine Zertifikate werden nicht anerkannt“, sagt sie. Aber sie sei glücklich, dass sie für die Diakonie arbeiten dürfe.

Abeer könnte ein Vorbild für die Frauen sein, deren Kinder sie über zwei Jahre betreut hat. Sie ist ein Beispiel dafür, dass Zuwanderinnen in ihrer neuen Heimat Fuß fassen können.

 

Auch die Frauen aus dem Kurs haben gezeigt, dass sie anpacken wollen. Ihnen geht es vor allem um die Zukunft ihrer Kinder. Zugleich nehmen sie am Schicksal der anderen Zuwanderfamilien teil und tauschen ihre Erfahrungen aus. „Bei uns ging es nicht immer nur um die Sprache“, bestätigt Lehrerin Ewa Deren.

 

Zum Abschluss des Kurses setzten die Frauen ein ganz besonderes Zeichen der Anteilnahme. Sie spendeten den Inhalt eines prall gefüllten Sparschweins für Geflüchtete aus der Ukraine.

Woher stammt das Geld? Die Frauen hatten für den Kurs ein eigenes Regelwerk erarbeitet. Nicht lachen, wenn andere Fehler machen, nicht zu spät kommen, im Kurs nur Deutsch sprechen – das zählte zu den insgesamt acht goldenen Regeln im Kursraum. Wer mal eine dieser Regeln vergaß, zahlte freiwillig zehn Cent. ©wt

 

*Namen der Kursteilnehmerinnen vom Autor geändert.

Es ging nicht nur ums Lernen. Zwischendurch war auch mal Zeit für ein kleines Fest mit vielen internationalen Spezialitäten. (Foto: dw)
Es ging nicht nur ums Lernen. Zwischendurch war auch mal Zeit für ein kleines Fest mit vielen internationalen Spezialitäten. (Foto: dw)

Ab Ende Mai werden in den Gemeinderäumen der Martin-Luther-Kirche erneut zwei Sprachkurse mit Kinderbetreuung angeboten. Informationen und Anmeldung über

 

Gudula-Mueller-Töwe

Koordinatorin Sprach- und Integrationskurse

Bahnhofstraße 25-27 (oberer Eingang)

Telefon: 02392/954014

Mobil: +049 (0) 177/3942852

Mail: g.mueller-toewe@diakonie-luedenscheid-plettenberg.de

 

Sprechzeit: Montag von 13:30 Uhr bis 15:30 Uhr und Mittwoch von 13.00 bis 15.00 Uhr und nach Vereinbarung

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