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Suchtberatung trotz Pandemie

25.4.2022

In der Suchtberatungsstelle sind Frank Horstmann und Sabine Schneider als Diplom-Sozialarbeiter und Suchttherapeuten ansprechbar. (Foto: dw)
In der Suchtberatungsstelle sind Frank Horstmann und Sabine Schneider als Diplom-Sozialarbeiter und Suchttherapeuten ansprechbar. (Foto: dw)

PLETTENBERG + Die Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes in Plettenberg bietet Hilfen für Menschen mit einem missbräuchlichen Konsum oder Abhängigkeitserkrankung sowie deren Angehörigen. „Wir sind für die Grundversorgung in den Städten Plettenberg, Werdohl, Neuenrade, Attendorn, Finnentrop und Lennestadt-Kirchhundem zuständig, schwerpunkt-mäßig im Bereich der sogenannten „legalen“ Süchte, wie Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit sowie Glücksspielsucht“, erklärt Diplom-Sozialarbeiterin und Suchttherapeutin Sabine Schneider.

Im zurückliegenden Statistikjahr 2021 haben insgesamt 356 Personen (220 Männer, 136 Frauen) Kontakt zur Suchtberatungsstelle aufgenommen, davon waren 225 Personen (135 Männer, 90 Frauen) sogenannte Kurzkontakte (d.h. es fand lediglich ein einmaliger, in der Regel ausführlicher telefonischer Beratungskontakt statt). Mit 131 Personen (85 Männer, 46 Frauen) ist es 2021 zu einer längerfristigen Beratung, Betreuung und /oder Therapie gekommen.

 

Auch das zurückliegende Jahr war geprägt durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie. „Im Jahre 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, bemerkten wir eine gewisse Zurückhaltung potentieller Klientel, mit uns Kontakt aufzunehmen“, erläutert Frank Horstmann, Diplom Sozialarbeiter und Suchttherapeut, „das mag mit der allgemeinen Vorsicht verbunden gewesen sein, zwischenmenschliche Kontakte wegen des Infektionsrisikos möglichst zu vermeiden.“

 

Während 2019 insgesamt 402 Hilfesuchende per Telefon, Besuch der Offenen Sprechstunden oder per E-Mail Kontakt zu uns aufnahmen, waren es 2020 lediglich 251 Hilfesuchende. „Das war die niedrigste Zahl der letzten zehn Jahre“, sagt Schneider, „doch im zurückliegenden Jahr 2021 erholte sich diese Zahl merklich und unsere Erfahrungen aus dem Vorjahr verhalfen sowohl uns als auch unserer Klientel zu einem routinierteren Umgang mit den Schutzmaßnahmen.“ Die bereits in 2020 angewandten Schutzvorkehrungen und Maßnahmen (Hygiene-, Abstands- und Lüftungskonzept, permanentes Tragen von FFP2-Masken in allen Räumlichkeiten) hatten sich bewährt und wurden in 2021 fortgesetzt bzw. jeweils an die pandemiebedingten Umstände angepasst. Lediglich der spontane Besuch der Beratungsstelle (z.B. zu Zeiten der Offenen Sprechstunden) war weiterhin nicht möglich, stattdessen wurden zeitnah feste Termine vereinbart.

 

Die Beratungsgespräche und Gruppenangebote konnten im gesamten Jahr in Präsenz angeboten und durchgeführt werden, und das war besonders für die Menschen, die bereits abstinent waren, aber tagtäglich um ihre Abstinenz kämpfen mussten, eminent wichtig.

 

Im November 2021 wurde auch in der Suchtberatungsstelle der Zutritt unter Beachtung der 3G-Regel eingeführt, was jedoch, nach Auskunft der beiden Suchttherapeuten, nur vereinzelt die Beschaffung eines tagesaktuellen Schnelltests notwendig machte, da die Mehrzahl der Ratsuchenden bereits geimpft war. Durch die Angebote der kostenfreien Bürgertests in den offiziellen Teststellen wurde auch niemand vom Besuch der Suchtberatungsstelle ausgeschlossen.

 

Der evangelische Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg ermöglichte seinen Mitarbeitenden schon frühzeitig, von zu Hause aus zu arbeiten, wo immer dies möglich war. „Anfangs wurden hauptsächlich Schreibarbeiten zu Hause erledigt“, erklärt Horstmann, „Kontakt zur Klientel fand zunächst lediglich in Form von Telefon-Beratungen statt.“

 

Ab November 2021 konnten Suchtberatungs- und Suchttherapietermine auch online per Video angeboten werden. Was zunächst als Option bei einem möglichen weiteren „Lockdown“ organisiert wurde, hat inzwischen die Angebotspalette der Suchtberatungsstelle erweitert. „Ob Klienten*innen in Quarantäne oder erkrankt waren, die Kinderbetreuung ausfiel oder der Anfahrtsweg witterungsbedingt unsicher war, konnten Beratungs- und Therapietermine per Video oder Telefon eine zuverlässige und kontinuierliche Betreuung gewährleisten und teilweise Präsenztermine ergänzen“, führt Schneider aus. Die Übertragung der Videoberatung erfolgt hierbei über das Internet ohne Nutzung eines zentralen Servers. Der Videodienstanbieter ist für die besonderen ärztlichen und therapeutischen Bereiche zertifiziert und gewährleistet, dass sämtliche Inhalte der Videoberatung während des gesamten Übertragungsprozesses nach dem aktuellen Stand der Technik verschlüsselt sind und weder eingesehen noch gespeichert werden. Die Ratsuchenden konnten sich in der Folge davon überzeugen, dass sie hierfür keine besonderen technischen Kenntnisse benötigten.

 

Auch Teambesprechungen, Arbeitskreise und Fortbildungen wurden 2021 weitestgehend digital wahrgenommen, wobei auch hier vermehrt Routine eingekehrt war und die digitalen Angebote auch nach Beendigung der Pandemie eine sinnvolle Ergänzung darstellen werden. Erfreulich in diesem Zusammenhang war, dass das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen Ende 2021 zur Verbesserung der digitalen Ausstattung der Einrichtungen der Suchtberatungsstellen sowie suchtberatend tätigen Einrichtungen der Überlebenshilfe in NRW Landesmittel zur Verfügung stellte. Ziel der einmaligen Förderung war es, die digitale Ausstattung der Einrichtungen zu verbessern, wovon auch die Suchtberatungsstelle Plettenberg profitieren konnte.

 

Im Zuge des Onlinezugangsgesetztes werden in Bund, Ländern und Kommunen zukünftig viele Leistungen digitalisiert, u.a. auch die Suchtberatung. Für die kommunale Suchtberatung werden digitale Beratungsplattformen entwickelt, so dass in den nächsten Jahren zunehmend auch Online-Beratungsangebote ergänzend hinzukommen bzw. ausgeweitet werden. Diesen neuen Herausforderungen und Chancen sehen die beiden Suchttherapeuten mit Zuversicht entgegen.

 

Die Suchtberatungsstelle Plettenberg bietet neben der Grundversorgung in der Beratung seit 2009 im Therapieverbund der ambulanten Rehabilitation für Suchtkranke im Märkischen Kreis (ARS-MK) auch die Möglichkeit einer ambulanten Therapie vor Ort an. „Diese kommt für Menschen in Frage, die nach einer Entgiftung in ihrer Abstinenz stabil sind, ein hinreichend unterstützendes soziales Umfeld haben sowie motiviert sind, regelmäßig ihre Termine wahrzunehmen und aktiv an ihren Zielen zu arbeiten“, erklärt Horstmann.

 

Die ambulante Rehabilitation umfasst wöchentliche Einzel- und Gruppentherapiegespräche und dauert 6 bis 12 Monate, bei Bedarf auch bis zu 18 Monaten. Die Patienten*innen verbleiben während der Maßnahme in ihrem gewohnten Umfeld, wobei sie ihren Alltagsverpflichtungen wie z.B. Berufstätigkeit oder Kinderbetreuung nachgehen können. In der Therapie Erarbeitetes kann dabei unmittelbar im Alltag erprobt, überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden, wobei dieser Prozess suchttherapeutisch unterstützt und begleitet wird. ©dw

Hilfesuchende nehmen bitte zunächst telefonisch Kontakt zur Suchtberatungsstelle auf:

Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes Plettenberg

Bahnhofstr. 25, 58840 Plettenberg

Tel. 02391/9540-20

E-Mail: sekretariat-sbst@diakonie-luedenscheid-plettenberg.de

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