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Nur Du allein schaffst es, aber Du schaffst es nicht allein
31.8.2019
Lüdenscheid + Ein Anker steckt fest im schlammigen Grund. Das Symbolfoto auf dem Infoflyer der Suchtberatungsstelle Lüdenscheid im Diakonischen Werk lässt sich gut auf die Arbeit der Informations- und Motivationsgruppe für Suchtkranke übertragen. Sie gibt Betroffenen Halt auch wenn der Boden unter den Füßen mal wieder schwammig wird wie Treibsand. Ab Dienstag, 17. September, trifft sich die Gruppe unter der Leitung der ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer Gabi Partmann, Dagmar Schröder und Reiner Kölsche wieder in den Räumen an der Frankenstraße 1. Neue Gäste sind willkommen.
Luise, Katrin und Henry berichten von ihen Erfahrungen
Luise, Katrin und Henry (Namen geändert) sind auf einem guten Weg, sich aus ihrer Abhängigkeit zu befreien. Luise und Henry berichten offen von ihrer Alkoholabhängigkeit und dem Weg in die Gruppe. Katrin fand als Ko-Abhängige (ihr Mann ist alkoholkrank) den Weg in die therapievorbereitende Gemeinschaft auf Zeit.
"Jetzt ein anderer Mensch"
Luise hatte schon aufgehört zu trinken. Die Zeiten, in denen sie zuhause „vorglühte“ und dann in Gesellschaft mit einem Glas Wein auskam, waren vorbei. Ihr wurde allerdings klar, dass sie es auf Dauer nicht schaffen würde, sich vom Alkohol zu befreien. Eine Bekannte wies Luise auf die Gruppe hin. „Ich musste allen Mut zusammennehmen, um mich aufzuraffen“, sagt sie. Das Sprechen in der Gruppe fiel der zierlichen Frau zunächst schwer. „Ich habe Schwierigkeiten, mich anderen Menschen zu öffnen.“ Nach und nach gelang ihr das immer besser. Alle anderen hatten schließlich die gleichen Probleme. „Ich bin jetzt ein anderer Mensch“, sagt Luise. „Das Leben ist anders, wenn man trocken ist und es ist schöner.“ In vielen Gesprächen ist sie auch auf die wirklichen Gründe für ihren Alkoholkonsum gestoßen. Sie reichen weit in ihre Kindheit zurück..
Reiner Kölsche, Gabi Partmann und Dagmar Schröder leiten die Informations- und Motivationsgruppe für Suchtkranke. Foto: Wolfgang Teipel
„Tatsächlich ist es so, dass die Alkoholsucht und andere Abhängigkeiten nur Symptome für tieferliegende Probleme sind“, erklärt Suchtkrankenhelfer Reiner Kölsche.
Zweiter Anlauf für Henry
Luise fühlt sich inzwischen gefestigt. Sie wird in eine Therapiegruppe einsteigen, die tiefer in die Ursachen ihrer Sucht vordringt.
Henry wird ab 17. September ein zweites Mal die wöchentlichen Treffen besuchen. Er hat seinen Alkoholkonsum bereits massiv eingeschränkt. „Ich gerate aber immer wieder in Situationen, in denen ich zur Flasche greife“, berichtet er. Das passiere meistens, wenn er allein sei. „Oft nach dem Motto Johnny Walker, Du bist mein bester Freund“. Henry ist als Mitglied einer Clique von „Bad Boys“ nach und nach in die Abhängigkeit gerutscht. „Trinken spielte immer eine große Rolle. Wir fühlten uns cool.“ Dass er ein Alkoholproblem hatte, bemerkte er erst viel später. „In der Gruppe konnte ich mir es endlich auch vor anderen eingestehen.“ Seitdem fühlt sich auch Henry besser. Das will er mit seinen Besuchen in der Gruppe ausbauen, bis er sich endlich stark genug für eine Therapie fühlt.
Katrin: "Ich muss noch stärker werden"
Katrin sammelt in der Gruppe Kraft für das Leben mit ihrem alkoholabhängigen Mann, der sich bereits in einer Therapie befindet. „Ich musste mich ändern und stärker werden“, berichtet sie. Das Leben mit ihrem suchtkranken Mann habe sie sehr geschwächt. In der Gruppe habe sie neues Selbstbewusstsein gewonnen. Und auch die Rolle, die sich lange in ihrer Ehe eingenommen habe, habe sich bereits stark verändert. „Wenn mein Mann seine Therapie abgeschlossen hat, hat er eine neue Partnerin“, lacht sie. Katrin ist zuversichtlich, dass das auch ihre Ehe stärken wird.
„Nur du allein kannst es schaffen. Aber du schaffst es nicht allein.“ Diese beiden Sätze unterschreiben Luise, Katrin und Henry uneingeschränkt. Der Kontakt zu den Mitgliedern der Gruppe hat Luises Leben noch in anderer Weise bereichert. „Früher hatte ich viele Bekannte“, sagt sie. „In der Gruppe habe ich drei wirkliche Freundinnen gefunden.“ Sie sind ihr Anker auf unsicherem Boden.
Wer ab 17. September an der Informations- und Motivationsgruppe teilnehmen will sollte sich zuvor unter Telefon 02351/907457 anmelden. Die Beratung ist offen für alle, unabhängig von Herkunft und Religion. Sie ist vertrauenswürdig. Die Mitarbeitenden der Beratungsstelle sind gesetzlich schweigeverpflichtet. Außerdem ist die Beratung kostenfrei.
Vor dem Eintritt in die Gruppe steht ein Gespräch mit einem der hauptberuflichen Therapeuten. Zum Konzept gehören erlebnispädagogische Angebote wie gemeinsame Segeltörns oder meditatives Wandern.
Ein besonderes Merkmal der Arbeit liegt in der umfangreichen Einbeziehung der Angehörigen von Suchtkranken. Auch sie können das komplette Angebot an Beratung und Begleitung in Anspruch nehmen.
Zum Angebot gehört auch das Café „Sprungbrett“. Die regelmäßigen Treffen finden jeweils freitags von 19 bis 21.45 Uhr in den Jugendräumen (obere Etage) des Gemeindehauses der Erlöserkirche statt. Hier ist Zeit zum Abschalten, Spielen und für Gespräche im Kreis Gleichgesinnter.